Kampala im November 2010
Zum dritten Mal Vize beim Sitzball-Weltcup.
Bei der dritten Auflage des Sitzball-Weltcups in Uganda schaffte die
VSG Pforzheim das Kunststück zum dritten Mal den zweiten Platz zu
belegen. Dieses Mal war es aber besonders schmerzlich, da das Finale
durch eine strittige Entscheidung der Linienrichter in letzter Sekunde
entschieden wurde.
Die Reise nach Kampala erfolgte gemeinsam mit der Schweizer Equipe und
wird allen Beteiligten als gelungene Veranstaltung in Erinnerung bleiben.
Nicht nur, dass die mittlerweile erfahrenen Afrikareisenden nach zwei
Weltcups in Ruanda dieses Mal noch ein weiteres Land kennenlernen konnten,
die Stimmung zwischen den Teams war noch selten so harmonisch und
ausgelassen wie bei dieser Tour.
Die Anreise erfolgte dieses Mal über London und Entebbe und zu aller
Überraschung bot das vom Veranstalter organisierte Hotel eine nahezu
perfekte Atmosphäre zur Einstimmung auf das bevorstehende Turnier.
Kleinere Ausflüge zum Viktoria See und innerhalb der Metropole Kampala
stellten das touristische Programm der Reise dar, so dass sich die
Gelegenheit fand, Land und Leute kennenzulernen.
Allerdings war auch vor Ort noch einiges zum Gelingen des Weltcups
beizutragen. Die europäischen Besucher hatten nicht nur allerlei
Ausrüstungsgegenstände, Medaillen und Pokale mitgebracht. Vor
Ort erfuhren sie, dass das kongolesische Team am Busbahnhof in Goma festsaß und
nur eine entsprechende Vorkasse die Anreise noch ermöglichen konnte.
So kam es, dass eine spontane Sammelaktion die Anreise der achten
Turniermannschaft ermöglichte. Weitere Teams kamen aus Uganda, Ruanda
und Burundi.
Eine weitere Überraschung stellte das vorher nicht angekündigte und erstmals ausgetragene Damenturnier dar. Hier traten Teams aus Uganda, Ruanda und Burundi an. Diese waren nicht nur in sportlicher und modischer Hinsicht eine absolute Bereicherung der Veranstaltung. Auch die besondere Art der Anfeuerung durch Tänze, Gesänge und das rhythmische Aufeinanderschlagen und Reiben von leeren Plastikflaschen sorgte für eine tolle Stimmung beim Turnier. Außerdem hatte das ruandische Team einen Priester mitgebracht, der während der Spiele immer wieder aus der aufgeschlagenen Bibel dem eigenen Team vom Spielfeldrand Kraft und Mut spenden wollte.
Die neugebaute Sporthalle Lugogo National Indoor Stadium bot für
afrikanische Verhältnisse außergewöhnlich guten Komfort.
Leider hatte der aufgetragene Hallenboden beträchtliche Blasen zu bieten, die das
Aufspringen des Balles in ein Aufplatschen verwandelten. Allerdings
sollte das während der Spiele wesentlich seltener als befürchtet
auftreten.
Nach dem einige Regelfragen geklärt wurden und ein Training der Schieds-
und Linienrichter erfolgt war, eine Pressekonferenz mit zahlreichen
Vertretern der örtlichen Medien und ein Trainingstag absolviert war,
konnte das Turnier feierlich eröffnet werden. Zu aller überraschung
hatte man beschlossen, die Veranstaltung auf vier Tage auszudehnen.
Am Donnerstag, den 11. November fand die Eröffnungsfeier statt. Hierzu
hatten die Nationalteams ihre Flaggen und die Hymnen auf CD mitgebracht.
Leider streikte die Anlage zum Abspielen der CDs bei der vorletzten Hymne,
namentlich der deutschen. Zwei örtliche Entertainer versuchten das Malheur
durch Gesangs- und Tanzeinlagen zu überbrücken, was für
eine ungewöhnlich ausgelassene Stimmung während des formellen Akts sorgte. Leider wollte
die deutsche Hymne immer noch nicht erklingen. Da kam der Veranstalter
auf die glorreiche Idee, dass der deutsche Mannschaftsführer doch
sicherlich Text und Melodie beherrschen sollte. Glücklicherweise war
dies auch der Fall, so dass das deutsche Team ohne musikalische Untermalung
die Hymne intonierte. Auch dem Team aus dem Kongo gelang dies anschließend
bravourös.
Man dürfte gespannt sein, ob dies auch den Fußball-Nationalspielern bei
einem solchen Vorkommnis gelingen würde.
Sportlich hatte der erste Turniertag allerdings eine weit schwerere
Aufgabe für die Pforzheimer zu bieten, die wegen des ungünstig
gewählten Turniertermins erstmals in einer total veränderten
Besetzung antreten mussten. Die vermeintlich stärkste Turniermannschaft
Ruanda A wartete bereits zur Turniereröffnung. Erstaunlich gut lief
es in den ersten Minuten und es stand ein 9:6 für die Badener auf
der Ergebnisanzeige. Bis zur Halbzeit aber hieß es schon 11:12
und am Ende wurde man unter Wert mit 22:27 geschlagen. Die Halle aber
tobte, ein afrikanisches Team hatte die Muzungu (Weiße) geschlagen!
Man durfte erstmals die ausgelassene Reaktion von Zuschauern und Aktiven
miterleben. Wie würden die erst feiern, wenn ein entscheidendes
Spiel gewonnen werden sollte.
Und Uganda hatte ja vorher angekündigt, das Turnier in eigener Halle
gewinnen zu wollen.
Jetzt wartete dann auch Uganda A auf die tapferen Pforzheimer, die der
ungewohnten Kulisse trotzen mussten. Ein 29:16 setzte nun aber ein
deutliches Zeichen, mit den Deutschen war immer noch zu rechnen.
Der zweite Turniertag bot dann ein ungleich leichteres Programm. Gegen
Uganda B (32:15) und die Demokratische Republik Kongo (33:9) gab es
deutliche Siege. Derweil verlor aber die Schweiz gegen Uganda A, die
Halle schien zu bersten!
Als letztes Spiel des Tages stand nun Burundi auf dem Tableau, die sich
nun auch Medaillenchancen ausrechnen konnten. An der starken Abwehrleistung
der Pforzheimer aber verzweifelten die burundischen Angreifer, mit 29:11
wurden sie deutlich unter Wert geschlagen.
Am Samstag ging es darum, ins Halbfinale einzuziehen. Die Spiele gegen
Ruanda B (25:20) und die Schweiz (20:19) bildeten den Abschluss der
Rundenspiele. Es kam zu den Semifinals Ruanda A gegen die Schweiz und
Deutschland gegen Burundi.
Ruanda A hatte sich während der Vorrunde keine Blöße gegeben und die
Schweiz bereits mit 24:17 geschlagen, und mit einem 23:17 im Halbfinale
wurde dieses Ergebnis noch einmal bestätigt. Deutschland spielte mit der
bewährten Taktik gegen den Lieblingsgegner aus Burundi und wieder war es
mit 27:11 deutlich.
Derweil wurde Uganda A enttäuscht Fünfter, vor Ruanda B, Uganda B und
den Kongolesen.
Diese hatten vor dem Turnier noch nie die Gelegenheit auf einem ähnlichen
Belag zu spielen und steigerten sich zusehends während des Turniers.
Bei den Damen hatten sich Ruanda und Uganda vor Burundi für den
Finalsonntag qualifiziert.
Der Sonntag begann unter keinen guten Vorzeichen, der angekündigte
Präsident Museveni sagte kurzfristig sein Erscheinen ab. Für die
Veranstalter eine herbe Enttäuschung, hatten sie doch in der Öffentlichkeit
mit dem Erscheinen des Präsidenten geworben, der sich derzeit im
Wahlkampf befindet.
Zuerst stand das Damenfinale auf dem Programm, das Ruanda überdeutlich
mit 33:8 gegen die Gastgeber gewann. Vor dem Herrenfinale klappte es
dieses Mal mit den Hymnen, obwohl es sich die Pforzheimer nicht nehmen
ließen auch dieses Mal mitzusingen.
Das Spiel stand aber unter keinem guten Stern. Bereits in der
Anfangsphase unterliefen den nervösen Deutschen zu viele eigene Fehler
und zur Halbzeit lag man schon mit 14:7 zurück.
Jetzt half nur eins: Taktik umstellen und nochmal alles riskieren. Und
es gelang, die Ruander wurden zusehends nervös. In den letzten Minuten
wurde der Rückstand Punkt um Punkt aufgeholt. Kurz vor Schluss hieß es
dann 20:20, die Luft in der Halle brannte.
Und mit dem Schlusspfiff ging ein Ball des ruandischen Schlagmanns
deutlich ins Aus. Ja... aber nein, die Linienrichter zeigten an, dass sie
den Ball drin gesehen hatten. Alle Aufregung half nichts, das Finale
war entschieden und die Ruander feierten, während die Pforzheimer fair
gratulierten und abermals die Silbermedaille mit nach Hause nehmen
durften.
Ein schönes Fest aller Sportler im Sport Hotel beim Mandela Football
Stadium bildete den versöhnlichen Abschluss der Veranstaltung. Die
Niederlage war fast vergessen, Spielerinnen und Spieler aller Teams
feierten miteinander das tolle Turnier, das allen in Erinnerung bleiben
wird.
Damit eine Fortsetzung stattfinden kann, wurde während des Turniers
die International Sitball Organisation (ISBO) ins Leben gerufen.
Ziel ist es, die Ausbreitung des Sitzballs weltweit zu fördern und
weiterhin Weltcups auszurichten. Zum Präsidenten wurde Werner Brawand
aus der Schweiz gewählt, Generalsekretär wurde Dominique Bizimana und
Veranstaltungsmanager Elie Manirarora, beide aus Ruanda. Zum Beauftragten
für Entwicklung und Finanzen wurde Holger Voll gewählt. Die nächste
Auflage des Weltcups wird aller Voraussicht nach in Kenia oder
Burundi stattfinden, die dortigen Nationalen Paralympischen Komitees
werden eine entsprechende Anfrage erhalten.
Die VSG Pforzheim trat in folgender Besetzung beim World Cup an: Karl H., Imanuel G., Andreas B., Kurt K., Christoph S. und Holger V.